Warum es so schwerfällt, mit Freunden über Geld zu sprechen – und wie wir diese Barrieren überwinden können
Martin Eberhard | zuletzt aktualisiert 16.10.2024

In diesem Beitrag:
- Warum wir Freunde bei allem um Hilfe bitten – außer bei Geld und Gesundheit
- Die Hemmungen bei Geld und Gesundheit: Ein Thema für Experten – oder etwa nicht?
- Freunde als wertvolle, aber ungenutzte Ressourcen
- Die Angst vor finanziellen Fehlern in der Freundschaft
- Wie Sie den ersten Schritt machen können
- Fazit: Geld ist auch nur ein Werkzeug – also sprechen Sie darüber!
Warum wir Freunde bei allem um Hilfe bitten – außer bei Geld und Gesundheit
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, wie wir im Alltag fast selbstverständlich Freunde und Bekannte um Hilfe bitten – aber bei manchen Themen plötzlich schweigen? Stellen Sie sich vor: Sie haben gerade ein neues Auto gekauft und kennen sich mit der Technik nicht wirklich aus. Wen rufen Sie an? Ihren Kumpel, der seit Jahren begeistert an Autos schraubt, natürlich! Oder denken Sie an einen Wasserschaden im Keller – da geht’s ab in die Nachbarschaft, denn da wohnt jemand, der das mit ein paar Handgriffen reparieren kann. So oder so: In fast jeder Lebenslage haben wir Menschen, an die wir uns sofort wenden können.
Doch sobald es um sensible Themen wie Gesundheit oder Geldanlage geht, ändert sich alles. Plötzlich wird’s anonym. Wir rennen zum Arzt, obwohl der beste Freund vielleicht Arzt ist, und wir beraten uns lieber mit der Bank, obwohl der Nachbar oder die Freundin schon seit Jahren erfolgreich in Fonds und ETFs investiert. Warum ist das so? Wieso weichen wir bei diesen Themen unseren nahestehenden Personen aus?
Die Hemmungen bei Geld und Gesundheit: Ein Thema für Experten – oder etwa nicht?
Es gibt bestimmte Bereiche im Leben, in denen wir instinktiv nach professioneller Hilfe suchen, und Gesundheit und Geld gehören definitiv dazu. Doch warum? Es ist nicht so, als ob es bei einem Auto-Problem weniger um Risiken geht – wenn man etwas falsch macht, kann das genauso teuer oder gefährlich werden! Und trotzdem fragen wir lieber jemanden, der sich damit auskennt, ohne lange darüber nachzudenken.
Aber bei Gesundheit und Geld? Da packt uns oft die Unsicherheit – und diese zwei Bereiche sind immer noch Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Wir vertrauen darauf, dass uns Expert*innen helfen, und sind oft überzeugt, dass nahestehende Menschen keine objektive Meinung abgeben könnten. Wir vermeiden es, Freunde in unsere Finanzen oder gesundheitlichen Sorgen einzuweihen, aus Angst, uns angreifbar zu machen oder uns möglicherweise „klein“ vorzukommen.
Die meisten von uns sind eben darauf konditioniert, über Geld und Gesundheit nur mit „den richtigen“ Leuten zu sprechen. Bei finanziellen Fragen bedeutet das meistens: Bank, Finanzberater*in oder jemand Fremden, der auf dem Gebiet „offiziell“ als kompetent gilt.
Freunde als wertvolle, aber ungenutzte Ressourcen
Aber mal ehrlich: Warum nicht einfach die Freundschaften nutzen, die man hat? Wer könnte besser verstehen, wo wir herkommen, was unsere Wünsche und Bedürfnisse sind, als jemand, der uns schon seit Jahren kennt?
Stellen Sie sich das einmal vor: Ihr bester Freund hat sich über die Jahre ein solides Wissen über ETFs und Fonds angeeignet. Er hat vielleicht anfangs selbst einige Fehler gemacht, daraus gelernt und sich dann Stück für Stück eingearbeitet. Warum gehen wir bei solchen Themen dann trotzdem zur Bank, wo uns der Berater im Anzug zwar freundlich erklärt, was wir tun können, aber eben nicht wirklich weiß, wo unsere Prioritäten liegen?
Ihr Freund, der Ihnen bei der Auswahl eines neuen Autos hilft, weiß wahrscheinlich, dass Sie lieber den Kombi nehmen, weil Sie jedes Wochenende mit dem Hund ins Grüne fahren. Genauso wäre es doch bei den Finanzen: Ihr Freund weiß, ob Sie das Geld irgendwann für die Kinder oder die Traumreise verwenden wollen – und kann Ihnen dazu vielleicht sogar die passenden Tipps geben.
Die Angst vor finanziellen Fehlern in der Freundschaft
Natürlich bleibt da die Sorge: „Was, wenn ich auf meinen Freund höre und dabei Geld verliere?“ Die Angst vor Verlusten ist normal, gerade wenn es um Geld geht, das hart erarbeitet ist. Doch Fakt ist: Verluste gehören auch bei professionellen Beratern dazu. Denken Sie an die Finanzkrise von 2008 – da haben auch Banken weltweit Milliarden verspielt. Sie sind also bei einer Bank nicht unbedingt „sicherer“ aufgehoben als bei einem vertrauten Freund.
Zusätzlich können solche Gespräche über Geld auch die Beziehung bereichern. Wenn wir offen mit Freunden über Investitionen, Risiken und Chancen reden, entsteht oft eine tiefere Vertrauensbasis. Es geht nicht darum, dass Sie Ihren Freunden blind vertrauen sollen – es geht vielmehr darum, sich gemeinsam weiterzubilden und zu wachsen. Und ganz ehrlich: Wer könnte besser verstehen, wo Sie hinwollen, als jemand, der Sie wirklich kennt? Ein gutes Gespräch über Finanzen kann Sie nicht nur bei der Geldanlage weiterbringen, sondern auch das gegenseitige Verständnis und Vertrauen vertiefen.
Wie Sie den ersten Schritt machen können
Falls Sie immer noch unsicher sind, wie Sie ein solches Gespräch mit Freunden starten können, hier ein paar Tipps:
- Sehen Sie es als Teamprojekt: Wenn Sie sich mit einem Freund oder einer Freundin über Geld unterhalten, dann betrachten Sie das als gemeinsame Lernreise. Niemand erwartet, dass eine Person alle Antworten hat. Setzen Sie sich zusammen und tauschen Sie sich über das aus, was Sie wissen und was Sie interessiert.
- Organisieren Sie ein lockeres Treffen: Warum nicht eine Art „Finanz-Stammtisch“ starten? Vielleicht kennen Sie noch andere Leute, die sich ebenfalls für das Thema interessieren. Holen Sie sich einfach ein paar Freunde zusammen, bestellen Sie eine Pizza und reden Sie über Ihre Vorstellungen und Ziele. Kein Druck – nur ein entspannter Austausch.
- Kleine Schritte statt großer Wagnisse: Fangen Sie mit kleinen Beträgen an. Wenn Sie gemeinsam mit einem Freund investieren, können Sie mit kleinen Summen erste Erfahrungen sammeln. Niemand sagt, dass Sie Ihr ganzes Erspartes riskieren müssen. Ein bisschen Sparen hier, ein bisschen investieren dort – das reicht am Anfang völlig.
- Verluste akzeptieren: Ja, auch Verluste gehören zum Investieren dazu. Doch gerade wenn Sie zusammen mit Freunden dabei sind, können Sie sich gegenseitig unterstützen und motivieren, am Ball zu bleiben. Verluste gemeinsam zu reflektieren und daraus zu lernen, ist oft viel einfacher als allein.
- Geduldig sein und zuhören: Jeder hat eine eigene Sicht auf Finanzen. Manche wollen möglichst schnell Rendite, andere denken an langfristige Sicherheit. Hören Sie zu, und lassen Sie unterschiedliche Meinungen gelten. Oft bekommen Sie so neue Perspektiven, die Sie vorher nicht bedacht haben.
Fazit: Geld ist auch nur ein Werkzeug – also sprechen Sie darüber!
Am Ende des Tages ist Geld auch nur ein Werkzeug, um Ziele zu erreichen und Träume zu verwirklichen. Genau wie ein Auto uns von A nach B bringt oder der Kumpel mit dem Werkzeugkasten hilft, den Wasserschaden zu reparieren. Warum also nicht auch mal die finanzielle „Reparatur“ mit vertrauten Menschen angehen?
Wer weiß, vielleicht entwickelt sich daraus ein regelmäßiger Austausch, der nicht nur finanziell wertvoll ist, sondern auch Ihre Beziehungen auf eine neue Ebene hebt. Die Essenz liegt darin, nicht nur finanziell klug zu investieren, sondern auch persönlich zu wachsen und die Dinge gemeinsam anzugehen. Am Ende könnten Sie feststellen, dass Geldgespräche viel mehr als nur Finanzen bereichern – sie können auch Ihre Freundschaften stärken.
Also, reden Sie offen über Geld, genau wie über jedes andere Thema. Lassen Sie sich nicht von Tabus oder alten Denkmustern zurückhalten. Vielleicht liegt das beste Finanzwissen genau in Ihrem Freundeskreis und wartet nur darauf, mit Ihnen geteilt zu werden!