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Warum ein Blick auf Anleihen lohnenswert sein könnte

Wer gut essen will, der kauft Aktien – wer gut schlafen will, kauft Anleihen“ – so erklärte Börsenguru André Kostolany den Unterschied zwischen den beiden wichtigsten Anlageklassen. Während Aktien Chance auf hohe Rendite bieten, aber auch kräftigen Kursschwankungen unterliegen, entwickeln sich festverzinsliche Wertpapiere in der Regel deutlich stabiler.

Vergleicht man den Index der 500 größten börsennotierten amerikanischen Unternehmen (S&P 500) mit dem Index für die Entwicklung amerikanischer Anleihen (Blomberg U.S. Aggregate), so gab es mit amerikanischen Staatsanleihen in den letzten 46 Jahren nur 4 Jahre mit negativer Wertentwicklung. Unterjährig mussten Anleger bei einer Investition dabei mit einer durchschnittlichen Schwankung von 3,1 % leben.

Der massive Einbruch der Anleihekurse im Jahr 2022 sticht dabei ins Auge – vielleicht liegt genau in diesem Szenario auch eine historische Chance?

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Am amerikanischen Aktienmarkt hingegen betrug die durchschnittliche Schwankung 14 % pro Jahr. Der Anleger wurde zwar mit deutlich besseren Renditen belohnt, hatte zeitweise aber auch mit unterjährigen Verlusten von mehr als 30 % zu kämpfen.

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2022 – ein Desaster für festverzinsliche Wertpapiere 

Weltweit hohe Inflationsraten veränderten den geld- und zinspolitischen Kurs der Notenbanken. Durch Ankündigung massiver Zinserhöhungen zur Bekämpfung der Inflation kam es bei festverzinslichen Wertpapieren teilweise zu zweistelligen Kursverlusten. So notierten amerikanische Staatsanleihen zeitweise mit Abschlägen von bis zu 13 % seit Jahresbeginn. Auch in Europa sah es nicht anders aus. Je länger die Restlaufzeit einer Anleihe, desto heftiger waren die Kursverluste. Beispielsweise verbuchten Inhaber 100-jähriger österreichischer Staatsanleihen Kurverluste von bis zu 70 % – und das bei einem festverzinslichen Wertpapier?

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Eine historische Chance?

Der Ertrag bzw. die Rendite einer Anleihe besteht aus zwei Faktoren – dem nominalen Zins pro Jahr und möglichen Kursgewinnen. Bei nüchterner Betrachtung lohnt es selbst nach dem steilen Zinsanstieg der letzten Monate kaum, eine Anleihe aufgrund der Verzinsung zu kaufen. Interessanter wird es bei dem zweiten Blick auf den Kurs der Wertpapiere, denn am Ende der jeweiligen Laufzeit muss der Emittent den Nennwert der Anleihe (100 %) vollständig zurückbezahlen.

Eine Anleihe der Bundesrepublik Deutschland (DE0001142644) mit Fälligkeit zum 04.01.2031 notiert aktuell bei 91,28 % Ihres nominalen Wertes von 100 %. 2031 wird die Anleihe vollständig zurückbezahlt. Zinsen erhält der Anleger bei diesem Papier bis dato zwar keine, jedoch 9 % Kursgewinn.

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Der Kurs der Anleihe war zeitweise um bis zu 15 % eingebrochen und sich in den letzten Tagen schon wieder deutlich erholt. Grund für die Verluste waren zunächst Ankündigungen notwendiger schneller Zinsschritte der Notenbanken. Sobald diese Ankündigung „einkassiert“ wird, entspannt sich die Situation und die Kurse der Anleihen steigen wieder.

Wie entstehen Kursverluste & -gewinne bei Anleihen? 

Bei Ausgabe einer Anleihe notiert diese  zunächst zu ihrem Nennwert von 100 %. Während der Laufzeit bildet sich, wie bei Aktien, durch Angebot und Nachfrage der Anleihekurs. Einen großen Einfluss hat dabei das Marktzinsniveau: Steigen die Marktzinsen, so fällt in der Regel der Kurswert einer bereits ausgegebenen Anleihe. Für Anleger ist es dann nämlich attraktiver, vergleichbare neu herausgegebene Anleihen mit einer höheren Verzinsung zu kaufen als bestehende Anleihen mit einem niedrigeren Zinssatz. Sinken hingegen die Marktzinsen, so steigt die Nachfrage nach älteren, höher verzinsten Anleihen und deren Kurs steigt. 

Wichtig für den Anleger: Verkauft er seine Anleihe vor dem Ende der Laufzeit, kann er neben den Zinserträgen Kursgewinne realisieren – oder muss gegebenenfalls Kursverluste hinnehmen. Behält er die Anleihe bis zum Rückzahlungszeitpunkt, erhält er neben den Zinsen am Ende sein Kapital vollständig zurück – sofern der Schuldner nicht zahlungsunfähig wird.

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Wir glauben nicht an dauerhaft hohe Zinsen !

Steigen die Zinsen, fallen die Anleihen im Kurs, fallen die Zinsen, steigen die Anleihen wieder!

Alles blickt also gespannt auf die Entwicklung der Zinsen. Die Notenbanken haben angekündigt, die Zinsen so lange anzuheben bzw. hochzuhalten, bis die Inflation „im Griff“ ist.

Dauerhaft hohe Zinsen kann sich im aktuell gesamtwirtschaftlichen Umfeld eigentlich niemand so richtig „leisten“. Der globale Verschuldungsgrad von Haushalten, Unternehmen und Staaten war nie höher.Die US-Notenbank hat bereits ein Abflachen der Zinskurve angekündigt, sobald es die ersten Anzeichen einer Abschwächung auf der Inflationsseite geben sollte. In Zeiten wie diesen scheint nichts unmöglich. Vielleicht greift die Notenbank in den USA aber auch zu Europa zu noch härteren und schnelleren zinspolitischen Maßnahmen und Anleihen geraten noch deutlicher unter Druck, als dies eh schon passiert ist.

Vielleicht ist es aber auch eine nahezu historische Chance, Anleihen im aktuellen Tief zu kaufen und in Ruhe abzuwarten, bis die Zinsen wieder fallen. Die Notenbanken haben es ja eigentlich schon angekündigt und haben in Bezug auf die globale Verschuldung – vermutlich oder bestimmt – keine andere Wahl!

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Vor diesem Hintergrund halten wir ein aktuelles Engagement in Anleihen guter Bonität als eine sehr gute Ergänzung zu den Anlageklassen Cash, Aktien und Rohstoffen, auch auf die Gefahr hin, dass es temporär noch schlimmer werden könnte. Wer Anleihen jetzt und vielleicht mit einer weiteren Tranche bei erneuter Kursschwäche kauft, sollte in den nächsten Jahren mit deutlich geringerem Risiko als bei einem Aktieninvestment durch einen ordentlichen Ertrag belohnt werden, sofern die Zinsen wieder fallen und wir auf den seit 40 Jahren eingeschlagenen Weg des billigen Geldes zurückkehren.

Wie kann ich in Anleihen investieren? 

Der einfachste Weg in Anleihen zu investieren ist der Kauf eines einzelnen festverzinslichen Wertpapieres. Möchten Sie Ihr Geld jedoch auf verschiedene Emittenten (Schuldner), Länder und & oder Währungen streuen, so bedienen Sie sich eines Investmentfonds oder ETFs.

Mit dem ETF Xtrackers II ESG Global Aggregate Bond (ISIN LU0942970798) investieren Sie beispielsweise mit einem einzigen Produkt in tausende festverzinsliche Wertpapiere. Das Anlageziel besteht darin, die Wertentwicklung des Barclays Global Aggregate Bond EUR Hedged Index abzubilden. Der Index ist an den Barclays Global Aggregate Bond Index gebunden, der den weltweiten Markt für handelbare festverzinsliche Schuldtitel (Anleihen) mit Investment Grade-Rating abbilden soll. Der Index umfasst über 10.000 Anleihen mit einem Volumen von mehr als 20 Billionen Euro.