War’s das mit steigenden Zinsen und wie geht es weiter?

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der S&P 500 korrigiert bis Ende Oktober und starte mit Rally in den November

  • Inflation flaut weiter ab

  • Die US-Notenbank FED und die EZB lassen die Leitzinsen unverändert

  • US-Wirtschaft läuft robust, Arbeitsmarkt immer noch überhitzt

  • Big Tech liefert und bleibt Haupttreiber

Nichts ist älter, als Nachrichten von gestern

Inflationsdruck lässt deutlich nach

Die Inflation im Euro-Raum ist im Oktober deutlich gefallen. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat nur noch um 2,9 Prozent. Im September betrug die Inflationsrate in der Euro-Zone noch 4,3 Prozent nach 5,2 Prozent im August.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte die Euro-Inflation noch bei 10,6 Prozent gelegen. Mit ihrer restriktiven Geldpolitik konnten die Währungshüter den Preisdruck im Euro-Raum in den vergangenen 12 Monaten deutlich senken.

Leitzinsen bleiben unverändert (hoch)

Seit Sommer vergangenen Jahres hatte die Europäische Zentralbank die Zinsen zehnmal in Folge angehoben. Bei ihrer letzten Sitzung am vergangenen Donnerstag legte sie eine Zinspause ein. So hielt sie den Leitzins konstant bei 4,5 Prozent. Der aktuell noch relevantere Zins, den Banken für überschüssige Liquidität bei der Notenbank erhalten, bleibt bei 4,0 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

Die US-Notenbank FED entschied am 01. November, den Leitzins in einem Zielbereich zwischen 5,25 % und 5,5 % zu belassen, wo er seit Juli liegt. Nach einer Reihe von elf Zinserhöhungen, darunter vier im Jahr 2023, war dies die zweite Sitzung in Folge, in der es keine weiteren Zinserhöhungen gab.

US-Wirtschaft wächst (zu) stark

Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im dritten Quartal mit einer Jahresrate von 4,9 % und übertraf damit sogar die erhöhten Erwartungen. Das Wachstum der Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft belief sich im September auf insgesamt 336.000 und lag damit deutlich über den Prognosen der Wall Street.

Bei einem kürzlichen Auftritt in New York sagte US-Notenbankchef Powell, er glaube, dass die Wirtschaft möglicherweise noch weiter verlangsamt werden müsse, um die Inflation von aktuell 3,7 % auf das Ziel von 2 % zu senken.

Arbeitsmarkt immer noch überhitzt

Die Entscheidung der FED, auf Kurs zu bleiben, ist auf eine Verlangsamung der Inflation im Vergleich zu ihrem rasanten Tempo im Jahr 2022 und einen Arbeitsmarkt zurückzuführen, der sich trotz aller Zinserhöhungen überraschend widerstandsfähig gezeigt hat. Ziel der Erhöhungen war es, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Inflation kommt bereits zurück, der Arbeitsmarkt bleibt jedoch immer noch stark angespannt. 

Probleme der Staatsverschuldung

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Die US-Regierung hat in diesem Jahr 711 Milliarden Dollar an Nettozinszahlungen gezahlt. Dies ist ein Anstieg von 177 Mrd. $ oder 33 % gegenüber dem Geschäftsjahr 2022.Die durchschnittlichen Zinssätze für Bundesschulden sind von 1,5 % im Jahr 2022 auf heute fast 3,0 % gestiegen. Es wird erwartet, dass die annualisierten US-Zinsaufwendungen in den kommenden Jahren 1,2 Billionen US-Dollar erreichen werden.

Das Dilemma der Notenbanken

Im Zuge der globalen Finanzkrise haben die Märkte eine Verschiebung hin zu einer niedrigen und stabilen Inflation vollzogen. Infolgedessen fielen die Zinssätze auf ein Niveau, das seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erreicht wurde – die „neue Normalität“. Die politischen Entscheidungsträger nutzten das, was wie ein kostenloses Mittagessen aussah, indem sie die Zinssätze noch weiter nach unten drückten und die Wirtschaft mit Steuersenkungen und höheren Staatsausgaben ankurbelten. Aber jetzt nicht mehr. Der fiskalische Spielraum wird eingeschränkt, wenn die Zinssätze die potenzielle Wachstumsrate der Wirtschaft übersteigen, wie es derzeit der Fall ist. Folglich entwickelt sich eine negative Rückkopplungsschleife: Die Märkte müssen Prolongationen von Schulden zu hohen Zinssätzen verdauen, was die Haushaltsdefizite in die Höhe schnellen lässt. Auch die Geldpolitik ist eingeschränkt.

In der Vergangenheit erwarteten die Anleger die Rettung durch die Notenbank mit Zinssenkungen, wenn sich Bedrohungen für das Wachstum abzeichneten. Da die Inflation über dem Zielwert liegt, sind die Zentralbanker aktuell jedoch nicht mehr in der Lage, Schocks für die Realwirtschaft oder Finanzmarktturbulenzen zu glätten.

52 Billionen Schulden bis 2033

Inzwischen belaufen sich die amerikanischen Staatsschulden auf fast 34 Billionen Dollar – damit haben sich die US-Schulden seit der Finanzkrise im Jahr 2008 mehr als verdreifacht.

Prognosen zufolge wird die Brutto-Bundesverschuldung der Vereinigten Staaten im Jahr 2033 voraussichtlich etwa 51,99 Billionen US-Dollar betragen. Dies wäre eine Steigerung von rund 18 Billionen US-Dollar gegenüber der aktuellen Staatsverschuldung.

Im letzten Jahrzehnt ist die Bundesschuldengrenze in den Vereinigten Staaten deutlich angestiegen. Die US-Schuldenobergrenze kann nur durch einen Beschluss des Kongresses geändert werden, der dann vom Präsidenten unterzeichnet wird. Die Anhebung der Obergrenze ist in den letzten Jahren zu einem wiederkehrenden politischen Thema geworden, insbesondere in Zeiten, in denen die Präsidentschaft und die Kammern des Kongresses von verschiedenen Parteien kontrolliert werden.

Der Anstieg der Schulden ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Die USA werden künftig nicht nur alte Schulden durch neue Schulden begleichen, sondern vermutlich auch anstehende, nun höhere Zinszahlungen als jemals zuvor ebenfalls per Kredit finanzieren.

Finanzierung durch US-Staatsanleihen

Staatsschulden werden durch die Ausgabe von Anleihen finanziert, wobei der Finanzmarkt als Geldquelle dient. Investoren, darunter Einzelpersonen und Institutionen wie Investmentfonds, Banken und Versicherungen, kaufen diese Anleihen und verleihen somit dem Staat Geld. Als Gegenleistung erhalten sie jährliche Zinsen und bei Fälligkeit der Anleihe den ursprünglich verliehenen Betrag zurück. Die Summe aller umlaufenden Anleihen der USA, auch als „Treasuries“ bekannt, beläuft sich mittlerweile auf ein Volumen von 26 Billionen Dollar, was dem Sechsfachen der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands entspricht.

Aufgrund der weit verbreiteten Annahme, dass die US-Regierung ihre Schulden stets begleicht, werden amerikanische Staatsanleihen als sehr sichere Investitionen angesehen. Daher orientieren sich die Zinssätze weltweit oft an den Renditen dieser US-Anleihen.

Die anhaltend hohe Nachfrage nach US-Anleihen ermöglichte es der amerikanischen Regierung bislang, ihre Ausgaben zu steigern, ohne Steuern zu erhöhen oder Einsparungen vornehmen zu müssen.

Die US-Zentralbank („Fed“) kaufte in der Vergangenheit Staatsanleihen, um im Zuge der geldpolitischen Maßnahmen während der Pandemie die Kreditkosten niedrig zu halten und eine Finanzkrise zu verhindern. Allerdings hat die steigende Inflation die Notenbank dazu veranlasst, die Zinsen anzuheben. Infolgedessen hat die Fed nicht nur den Ankauf von Anleihen eingestellt, sondern lässt auch die bereits erworbenen Treasuries auslaufen. Derzeit ist Japan mit einem Bestand von 1116 Milliarden Dollar der größte ausländische Gläubiger der USA, während China, das früher diese Position innehatte, seinen Anteil auf 805 Milliarden Dollar reduziert hat.

Für den Anleihenmarkt bedeutet das, dass immer mehr US-Schuldscheine auf den Markt kommen müssen und es um die Frage geht, wer Amerika die Schulden in den nächsten Jahren noch zu welchem Preis abkaufen wird und kann?

Bricht alles zusammen?

Vorweg: Weder die USA selbst, noch die Notenbank FED oder die Gläubiger China, Japan oder Banken und Investmentgesellschaften haben Interesse an einem Kollaps des „Systems“.

Dennoch muss mit steigenden Schuldenlasten jährlich mehr Kapital für Zinszahlungen aufgebracht werden, was zu geringeren Investitionen in wichtige Bereiche wie Infrastruktur, Gesundheitswesen und Bildung führt. In diesem Fiskaljahr sieht sich die US-Finanzministerin Janet Yellen mit Nettozinszahlungen in Höhe von 660 Milliarden Dollar konfrontiert, was elf Prozent des gesamten Staatsbudgets der USA entspricht. Diese steigenden Schuldendienstkosten treiben die Staatsausgaben weiter nach oben und führen zu einer Zunahme der Schulden.

Würde man diese Entwicklung zu Ende denken, könnte das im äußersten Fall zur Zahlungsunfähigkeit der USA führen, auch wenn das praktisch ausgeschlossen ist.

Die USA haben als führende Wirtschaftsmacht die Möglichkeit, neues Geld zu drucken, um ihre Schulden zu begleichen, was jedoch die Geldentwertung vorantreiben und die Inflation weiter erhöhen könnte.

Geld wird mehr, Aktien bleiben gleich

Wir werden in den nächsten Jahren nicht umhinkommen, neues Geld zu drucken.

Im Vergleich zu Geld, dessen Menge durch geldpolitische Maßnahmen der Zentralbanken erhöht werden kann, bleibt die Anzahl der Aktien eines Unternehmens in der Regel begrenzt. Zwar können Unternehmen neue Aktien ausgeben, dies geschieht aber nicht so fortlaufend oder in solchen Mengen wie bei der Schaffung von Geld. Somit verfügt Geld über eine potenziell unbegrenzte Liquidität, während die Menge an Aktien eines Unternehmens üblicherweise festgelegt ist und nur durch spezielle Unternehmensentscheidungen wie Kapitalerhöhungen verändert wird.

Für den schlimmsten Fall eines Währungszusammenbruchs verlieren Geldmittel oft drastisch an Wert durch Hyperinflation oder durch den Vertrauensverlust in die Stabilität der Währung. Aktien hingegen repräsentieren Anteile an Unternehmen und können sich daher unterschiedlich verhalten. EINE Aktie bleibt dabei EINE Aktie!

Big Techs liefern!

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Die „Glorreichen Sieben“ legten seit Jahresbeginn um 54,6 % zu, während die restlichen 493 Unternehmen im S&P 500 in 2023 nahezu unverändert blieben:

  • Glorreiche Sieben: + 54%
  • 493 Sonstige : – 1%
  • S&P 500 : 10%.

Der erneute Rückgang der Kurse im Oktober und der Anstieg Anfang November ist im Wesentlichen auf die Glorreichen Sieben zurückzuführen.

Trotz des starken Anstieges der Unternehmen im Technologiesektor sind bis heute noch einige Aktien über die letzten zwei Jahre unter Wasser!

Die groessten 8

Ein Blick auf die letzten Zahlen:

Alphabet: Die Google-Mutter verzeichnete im dritten Quartal ein Umsatzwachstum von 11%, da eine Erholung im Werbegeschäft das Wachstum erstmals seit über einem Jahr in den zweistelligen Bereich trieb. Die Aktien fielen kurzfristig um fast 7%, da das Cloud-Geschäft die Erwartungen der Analysten verfehlte. Alphabet verzeichnete den größten täglichen Marktwertverlust aller Zeiten. Alphabet verlor gestern mehr als 166 Milliarden Dollar an Börsenwert und markierte damit den größten eintägigen Wertverlust in seiner Geschichte. Laut Dow Jones Market Data verbuchte Alphabet den fünftgrößten Verlust an Börsenwert für ein US-Unternehmen aller Zeiten und den größten im gesamten Jahr.

Apple: Obwohl die Zahlen gemischt waren, mit einem Umsatz von fast 82 Milliarden Dollar, der aufgrund starker Serviceeinnahmen, die den iPhone-Verkauf und ein Verfehlen bei Produkten, Macs und Wearables ausglichen, über den Erwartungen lag, missfiel dem Markt (erneut), dass dies ein weiteres Quartal ohne Umsatzwachstum und das vierte aufeinanderfolgende Quartal mit jährlichen Umsatzrückgängen war: das erste Mal für Apple seit 2001.

Amazon meldet besser als erwartete Ergebnisse, da der Umsatz um 13 % steigt. Amazon gab an, dass der Umsatz im vierten Quartal zwischen 160 Milliarden und 167 Milliarden Dollar liegen wird. Analysten hatten laut LSEG einen Umsatz von 166,6 Milliarden Dollar erwartet. In der Mitte seiner Prognosespanne würde ein Umsatz von 163,5 Milliarden Dollar ein Wachstum von 9,6 % gegenüber 149,2 Milliarden Dollar im Vorjahr bedeuten.

Microsoft: Das Wachstum im Cloud-Bereich ist momentan alles, was für den Markt zählt. Im Gegensatz zu Alphabet/Google sprangen die Aktien von Microsoft nach Handelsschluss am Dienstag um bis zu 6%, nachdem der Softwarehersteller seine Ergebnisse für das erste Geschäftsquartal sowie eine Umsatzprognose für das Quartal veröffentlicht hatte, die die Schätzungen von Wall Street übertrafen. Der Intelligent Cloud-Bereich von Microsoft erzielte einen Umsatz von 24,26 Milliarden Dollar, ein Anstieg von 19% und über dem Konsens von 23,49 Milliarden Dollar unter Analysten, die von StreetAccount befragt wurden. Zu diesem Bereich gehören die Azure Public Cloud, SQL Server, Windows Server, Visual Studio, Nuance, GitHub und Enterprise-Services. Das Unternehmen meldete zudem einen Gewinnsprung aufgrund eines langsameren Anstiegs der Betriebsausgaben.

Unsere Strategien

Strategien seit 01.01.2023

Im Oktober korrigierten alle 4 Strategien im Zuge der beschriebenen Marktentwicklung. Die Verluste aus dem Oktober konnten bereits in der ersten Novemberwoche wieder kompensiert werden.

Wir sehen jedoch keinen Grund zur Veränderung oder Nervosität und blicken positiv auf die mittelfristigen Perspektiven in allen Anlagestrategien.

Aktuell raten wir unseren Mandanten Zuzahlungen über Einmalanlagen oder Sparpläne in bestehende Strategien.

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2023
AUSGEWOGEN
RENDITE
WACHSTUM
CHANCE
JAN
+ 1,09 %
+ 3,32 %
+ 4,99 %
+ 5,51 %
FEB
– 1,20 %
– 1,06 %
– 0,68 %
– 0,69 %
MÄR
– 0,41 %
+ 0,42 %
+ 0,88  %
– 0,70 %
APR
– 0,17 %
+ 0,25 %
+ 0,08 %
– 0,21 %
MAI
– 0,37 %
+ 1,27 %
+ 2,50 %
+ 2,71 %
JUNI
– 0,80 %
+ 1,91 %
+ 3,55 %
+ 4,52 %
JULI
+ 0,89 %
+ 1,77 %
+ 2,10 %
+ 2,92 %
August
– 0,11 %
– 0,43 %
– 0,37 %
– 1,57 %
September
– 0,48 %
– 1,77 %
– 2,65 %
– 2,84 %
Oktober
– 0,27 %
– 1,48 %
– 2,11 %
– 3,54 %
SEIT 01.01.23
– 0,12 %
+ 4,62 %
+ 8,22 %
+ 5,92 %
* Stand: 01.11.2023

Unser Fazit:

  • Wir sind fest davon überzeugt, dass die Staatsschulden in den nächsten Jahren deutlich mehr werden.
  • Die Notenbanken können aufgrund der hohen Inflationsraten nur noch begrenzt agieren. Das System wird fragiler.
  • Wir glauben nicht, dass es zum Exodus des US-Dollars oder des Euro kommen wird.
  • Dennoch sind wir überzeugt, dass „Geld“ per se an Wert verlieren wird und die Inflation künftig höher als 2 % zu akzeptieren ist.
  • Anleihen sehen wir mit 30 % als nach wie vor sicheren Hafen, da niemand das „System“ explodieren lässt
  • Aktien sind und bleiben unsere Hauptanlageklasse – auch in turbulenten Zeiten und für die Zukunft!
  • Rohstoffe incl. Gold sollten maximal 10 % des Depots betragen
  • Treiber der nächsten Dekade sind unserer Meinung nach wieder einmal die großen Technologiekonzerne
  • Wir planen eine höhere Aktienquote unter Berücksichtigung des Themas KI zum Jahreswechsel und für die Zukunft.